GRÜNEN Kreistagsfraktion Rhein-Erft

GRÜNEN Kreistagsfraktion Rhein-Erft

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GRÜNEN Kreistagsfraktion Rhein-Erft

GRÜNEN Kreistagsfraktion Rhein-Erft

Von: Johannes Bortlisz-Dickhoff

Verbesserungen bei Bus und Bahn im Rhein-Erft-Kreis sind nur gegen erheblichen Widerstand voranzubringen.

 

Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 8. Dezember 2011 Veränderungen bei der Gestaltung der Rhein-Erft-Verkehrs-Gesellschaft REVG vorgenommen, die von den GRÜNEN als nicht ausreichender Schritt in die richtige Richtung bewertet werden.

Mehrheitlich wurde mit 51 Stimmen (CDU, GRÜNE, FDP, ProNRW, Freie Wähler, Landrat) bei 22 Gegenstimmen (SPD, LINKE) und 1 Enthaltung (Dedecke) beschlossen: 

Der Kreistag beauftragt die Verwaltung zur zukünftigen Entwicklung des ÖPNV im Rhein-Erft-Kreis einen Vorschlag zu erarbeiten und dem Kreistag vorzulegen. Der Vorschlag soll folgende Leitlinien enthalten: 

  • Den 10 kreisangehörigen Städten wird die Möglichkeit eingeräumt, Gesellschafter der REVG mbH zu werden, damit eine gemeinsame Gestaltung und Neuausrichtung des ÖPNV erfolgen kann. 
  • Die Struktur der REVG mbH soll die fachlichen Ressourcen der Verwaltungen der Städte und des Kreises einbinden, insbesondere um eine abgestimmte Nahverkehrsplanung zu gewährleisten. Die Gremien sollen für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Politik transparenter werden. 
  • Die derzeitigen Finanzierungs- und Aufgabenstrukturen sowie Abrechnungsverfahren bleiben vorerst erhalten. 
  • Die RWE-Aktien verbleiben bei der REVG mbH. 
  • Die RVK-Anteile sollen zum Rhein-Erft-Kreis wechseln und die Zahlung der Dividenden an die REVG mbH ist zu prüfen. 

Der Vorschlag ist mit den kreisangehörigen Städten zu beraten, so dass eine Beschlussfassung durch die Stadträte ermöglicht wird. 

Die SPD erklärte nach der Abstimmung, dass sie ausschließlich wegen der Übernahme der RVK-Anteile durch den Rhein-Erft-Kreis mit Nein gestimmt hat.

Dieser Abstimmung war aber ein längerer Diskussionsprozess vorausgegangen, der mit dem GRÜNEN Antrag begann, ein Gutachten für die künftige Organisationsstruktur des ÖPNV im Rhein-Erft-Kreis zu beauftragen. Dieser Antrag wurde beschlossen und durch die Vergabe an die Firma Ramboll umgesetzt. Die Gutachter setzten sich dann intensiv mit der Materie auseinander und führten Gespräche mit von den jeweiligen Kommunen benannten Gesprächspartnern, um die Wünsche und die Kritik an den ÖPNV kennenzulernen. 

Der Gutachter hat in der Folge dann Positionen vertreten, die von der GRÜNEN Kreistagsfraktion geteilt wurden.

Zentral für die Qualität der Busbedienung ist die differenzierte Erschließung, also die Trennung von Orts- und Regionalverkehr. Eine vom Gutachter geteilte Uraltforderung der GRÜNEN. Befriedigend umgesetzt ist diese differenzierte Erschließung in den Stadtbuskommunen Hürth und Brühl, die sich ihre eigenen Ortserschließungssysteme über 1 Millionen Euro jährlich kosten lassen. In anderen Kommunen werden beide Funktionen zusammengefasst: der Regionalbus fährt langsam und umständlich durch alle Ortslagen und wird damit zum Restverkehr für die „Gefangenen“ des ÖPNV: Schüler, Arme, Alte. 

Der Anreiz für die Kommunen, ihre Ortserschließung durch den Regionalbus machen zu lassen, liegt darin, dass der Regionalbus zur Hälfte durch den Kreis- und damit durch alle anderen Kommunen bezahlt wird. Je höher der Regionalbusanteil, desto niedriger die Kosten für die Kommune. Daher die zweite Forderung der GRÜNEN, die vom Gutachter ebenso für richtig gehalten wird: Der Regionalbus soll zur Gänze durch den Kreis bezahlt werden, dafür aber allein nach Regionalbusgesichtspunkten organisiert werden: er soll schnell die Kommunen untereinander und mit dem schienengebundenen Personennahverkehr verknüpfen. Die vollständige Ortserschließung soll mit ergänzenden Ortsbus- oder besser Stadtbussystemen organisiert werden.

Daher ist folgerichtig auch die Gesellschaftsstruktur der REVG unter die Lupe zu nehmen. Fortschreibungen des Nahverkehrsplans in Richtung der differenzierten Erschließung sind immer wieder über den Aufsichtsrat der REVG abgeblockt worden. Denn in diesem Aufsichtsrat der 100-prozentigen Kreisgesellschaft REVG sitzen lediglich drei Vertreter des Eigentümers Rhein-Erft-Kreis aber 10 Vertreter der kreisangehörenden Städte. Bis auf Hürth und Brühl haben alle Kommunen das rein fiskalische Interesse, eine differenzierte Erschließung zu verhindern. Hürth und Brühl hingegen zahlen nicht nur ihre eigenen Ortserschließung in beträchtlichem Umfang, sondern auch über die allgemeine Kreisumlage noch einmal die Ortserschließung für die anderen acht Kommunen.

Hürth und Brühl sind in der Auseinandersetzung aber nicht zur Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen zu bewegen gewesen. Immer wieder hieß es: die Kommunen respektive die Bürgermeister sind gegen die Veränderungen bei der REVG, ohne dass seitens dieser Kommunen Korrekturen an diesem Bild versucht worden wären. Als der Brühler Bürgermeister in einer Ratssitzung danach gefragt wurde, warum er bei der Bürgermeisterkonferenz gegen die Brühler Interessen agiert, wies er dies zurück. Öffentlich Stellung gegen die Positionierung der Bürgermeisterkonferenz nahm er aber bis heute nicht. Anders der Hürther Bürgermeister. Dieser schloss sich der Stellungnahme seines Stadtverkehr Hürth Chefs Ahrens-Salzsieder an, der ein SPD-gesteuertes Pamphlet gegen den bösen und von einer dunklen Mehrheit aus CDU, FDP und GRÜNEN gesteuerten Kreis absonderte, das aber bei genauerem Hinsehen sehr wohl für eine differenzierte Erschließung eintritt. 

Bei den Mehrheiten im Aufsichtsrat ist also nichts zu wollen. Aber: diese Mehrheiten sind nicht mehr vom Gesellschaftsrecht gedeckt. Rechtlich vorgegeben ist, dass der Mehrheitseigner auch im Aufsichtsrat mehrheitlich vertreten sein muss. Dieses wird nun umgesetzt werden müssen. Die Einbindung der Kommunen muss über Beiräte erfolgen. Dass die Kommunen den Kreis finanzieren, worauf sie in der Auseinandersetzung immer wieder anspielten, ist bei Umlageverbänden nun einmal so. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass die kommunalen Umlageverbände Kreis und Landschaftsverband durch die Bürgermeister oder Landräte der jeweiligen Mitgliedskörperschaften gesteuert werden, hätte er dieses doch auch umgesetzt. Die Existenz von Kreistagen und Landschaftsversammlungen zeigt allein schon, dass diese Ebenen eigene Entscheidungsbefugnisse haben und dass dieses vom Land auch so gewollt ist. 

Die Kommunen können und sollen direkt Gesellschafter der REVG werden. Wenn der Kreis seine Mehrheit behält ist dies auch in Ordnung. Die Diskussion in der GRÜNEN Projektgruppe Nahverkehrsplan zeigte deutlich, dass die Kommunen, die nicht selbst über eine Stadtbusgesellschaft verfügen, die REVG als Managementgesellschaft noch brauchen.

Es gab und gibt auch noch einen weiteren Anlass für das Gutachten. Die EU-Verordnung 1370 aus 2007 schreibt eigentlich vor, dass Verkehrsleistungen auszuschreiben sind. Bei der Bahn ist das schon bekannt: immer mal wieder schreiben Verkehrsverbünde Leistungen aus und nicht immer erhält die DB den Zuschlag. So fährt zum Beispiel zwischen Köln-Deutz und Koblenz die Mittelrheinbahn.

Dies ist natürlich auch beim straßengebundenen ÖPNV denkbar. Selbst wenn der Auftrag dann erneut an den Gebietsmonopolisten Regionalverkehr Köln (RVK) ginge, hätte die Ausschreibung den erheblichen Vorteil, dass ein genaues Leistungsverzeichnis erstellt und Verfahren für ein entsprechendes Qualitätscontrolling gefunden werden müssten. Dies wäre immer noch besser als die heutige Situation, bei der die RVK für die REVG nicht nur die Busleistungen erbringt, sondern auch erhebliche weitere Aufgaben wie zum Beispiel die Buchführung. Hier schreibt die RVK nicht nur die Rechnung an die REVG, sondern erledigt auch auf der anderen Seite die Buchführung. Ein sehr, sehr enges Verhältnis. Daher ist es auch richtig, dass der Rhein-Erft-Kreis selbst seinen Sitz bei der RVK wahrnimmt und nicht die REVG. Beide Gesellschaften müssen so weit wie irgendmöglich entflochten werden.

Der SPD ist über das Zusammenspiel ihrer Kreistagsfraktion mit verschiedenen Ratsfraktionen und über die Zusammenarbeit mit einer kleinen, aber gut organisierten und cleveren Minderheit der CDU-Kreistagsfraktion gelungen, in der Bürgermeisterkonferenz die fast schon gebetsmühlenartigen Klagen über den teuren Kreis in eine gezielte Torpedierung der Ergebnisse des Gutachtens um das Thema „Rettet unsere Kreisverkehrsgesellschaft“ umzusetzen, so dass die CDU-Kreistagsfraktion über diese Frage einen ziemlichen Konflikt auszustehen hatte. 

Der war nur durch den Vorschlag des Landrats zu lösen, der als Minimal-Zwischen-Lösung den Vorschlag machte, der am 8. Dezember vom Kreistag beschlossen wurde.

Die parallele Diskussion in den Gremien der GRÜNEN – beteiligt waren die Kreistagsfraktion, der Kreisvorstand, der Kreisparteirat und die Projektgruppe Nahverkehrsplan, an der die Ratsfraktionen, die Kreistagsfraktion und verschiedene Interessierte beteiligt waren – kam am Ende zu einem einstimmigen Beschluss durch den Kreisparteirat.

In dieser Entschließung skizzieren BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Rhein-Erft-Kreis erneut die Zielsetzung ihrer ÖPNV-Politik. 

Der Kreistagsbeschluss ist nicht der Endpunkt der Entwicklung, sondern allenfalls eine Zwischenetappe. 

Die GRÜNEN bleiben am Ball.

Der Kreisparteirat hat am 14. Dezember einstimmig auf ebenfalls einstimmigen Vorschlag der Projektgruppe Nahverkehrsplan folgende Resolution beschlossen: 

„Zukünftige Organisation des ÖPNV im Rhein-Erft-Kreis“

Zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs fasst der Kreisparteirat folgenden Beschluss:

Bei der kommenden Fortschreibung des Nahverkehrsplans legt der Kreistag fest, welche schnellen Regionalbusse die Regionalfunktion ausüben sollen. In Abstimmung zwischen betroffenen Kommunen und dem Kreis wird festgelegt, welche Stadtbus-, Orts- und/oder Nachbarortsverkehre die Ortserschließung durchführen. Der Nahverkehrsplan legt auch fest, welche Qualitätsstandards bei der Bestellung von Busleistungen zugrunde zu legen sind.

Die regionalen Schnellbuslinien fahren auch in Schwachlastzeiten und am Wochenende in merkbaren Takten auf möglichst stringenter Streckenführung zwischen zwei Schienenverknüpfungspunkten bzw. Ortszentren mit wenigen weiteren Haltestellen an relevanten Verknüpfungspunkten. An den Ortszentren und den Schienenverknüpfungspunkten werden Mobilitätsstationen zur Optimierung des Übergangs von Individualverkehr zum ÖPNV, mit P&R-Anlagen, Elektroladestationen, Carsharing, Radstation, WC-Anlagen und Kiosk für Fahrscheinverkauf und Artikel des täglichen Bedarfs eingerichtet. Die schnellen Regionalbusse fahren auch an Wochenenden und Feiertagen, in Randzeiten notfalls als Linientaxi. Der Linienverlauf und die Fahrpläne der Regionalbusse sind durch Kreistagsbeschluss im Nahverkehrsplan festzulegen. Änderungen bedürfen der Veränderung des Nahverkehrsplans. 

Linienführung, Bedienung und hierzu weitere Maßnahmen der ergänzenden Orts- und Nachbarortslinien legen die jeweiligen Kommunen im Nahverkehrsplan fest. Mit der konkreten Ausgestaltung dieser Verkehre kann die Kreisverkehrsgesellschaft vertraglich abgesichert durch die jeweiligen Kommunen über den Kreis beauftragt werden, sofern diese nicht selbst Stadtbusgesellschaften betreiben. 

Die Verkehrsgesellschaft muss vollständig durch den Aufgabenträger gesteuert werden. Die Abstimmung zwischen den Kommunen und dem Kreis hinsichtlich der Fortschreibung der Nahverkehrsplanung erfolgt im AK Nahverkehrsplan des Rhein-Erft-Kreises, in dem die Kommunen mit Sitz und Stimme vertreten sein sollen. 

Das Leistungscontrolling für die schnellen Regionalbusse und die über den Kreis bestellten Orts- und Nachbarorts-Busverkehre übernimmt das ÖPNV-Amt.

Die Finanzierung ist so zu ordnen, dass der Defizitausgleich für die Regionalbuslinien zu 100 Prozent aus der allgemeinen Kreisumlage und der Defizitausgleich für die Orts- und/oder Nachbarortsverkehre zu 100 Prozent von der/den bestellenden Kommune/n nach Platzkilometern getragen wird.

Zur Gewährleistung der beschriebenen Verkehre wird die Gesellschaftsstruktur der REVG angepasst sowie die Aufgabenzuordnung zu ÖPNV-Amt und REVG/RVK festgelegt. Hierzu werden die entsprechenden politischen Beschlüsse getroffen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekräftigen darüber hinaus folgende Erwartungen an einen zukunftsfähigen ÖPNV im Rhein-Erft-Kreis:

  • Der SPNV – also der schienengebundene öffentliche Personennahverkehr – ist die Grundlage für einen schnellen und effizienten Nahverkehr, der allein in der Lage ist, dem drohenden Verkehrsinfarkt der gesamten Region entgegen zu wirken.
  • Daher sind alle DB-Nahverkehrsstrecken zu sichern und möglichst in eine S-Bahn-Bedienung einzubringen. Dabei gilt aber, dass auf jeden Fall durchgehende Verbindungen zwischen Bedburg, Bergheim und Köln aufrecht zu erhalten sind. 
  • Der Ausbau der S-Bahn-Stammstrecke wird akzeptiert. Damit einher geht, dass die jetzt in Horrem endende S-Bahn-Linie nach Bergheim, Bedburg und Grevenbroich verlängert wird und dass die RB-Strecke über Pulheim nach Grevenbroich und Mönchengladbach ebenso durch eine S-Bahn ersetzt wird. 
  • Erst sehr langfristig ist mit dem S-Bahn-Ring Köln-West zu rechnen, so dass die Nahverkehrsverbindungen Köln – Erftstadt – Euskirchen – Trier und Köln – Brühl – Bonn – Koblenz anderweitig zu sichern und auszubauen sind.
  • Bei den Stadtbahnlinien sind Verlängerungen nach Pulheim und nach Hürth-Mitte weiter erforderlich. Ernsthaft zu prüfen ist der Betrieb auf der Querbahn Brühl-Wesseling durch den Verschwenk von Zügen der Linien 16 und 18 auf die jeweils andere Trasse.